Atommüllkonferenz fordert:
Gesundheit vor wirtschaftlichen Interessen
„Das neue Strahlenschutzgesetz muss sich an dem Schutz des ungeborenen Lebens orientieren“ forderte Oda Becker, Physikerin und Sprecherin der BUND Atom- und Strahlenkommission (BASK) auf der Atommüllkonferenz in Göttingen am letzten Wochenende. Zwei Tage zuvor war der Referentenentwurf des neuen Strahlenschutzgesetzes vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit versandt worden. „Es ist nicht hinnehmbar, dass in diesem Gesetz der Strahlenschutz explizit und an erster Stelle an wirtschaftlichen Interessen relativiert werden soll“, so Becker. In dem Gesetzentwurf werden Erkenntnisse über die schädliche Wirkung niedriger Strahlendosen, die insbesondere in medizinischen Studien in den letzten 15 Jahren gewonnen wurden, überhaupt nicht berücksichtigt. Aus den Reihen der Atommüllkonferenz wird es deshalb eine kritische Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf geben.
„Es darf nicht sein, dass die Bundesregierung den Atomkonzernen erlauben will, sich von ihrer finanziellen Haftung für ihren Müll freizukaufen“, so die einhellige Forderung der Atommüllkonferenz zu den Ergebnissen der Rückstellungskommission der Bundesregierung. Jahr für Jahr haben die Konzerne Milliardengewinne mit den Atomkraftwerke erwirtschaftet und jetzt, wo es darum geht, sich um das dreckige Ende zu kümmern, stehlen sie sich aus ihrer Verantwortung. Und die Bundesregierung hilft ihnen dabei. „Niemand weiß heute, ob die ca. 23 Milliarden Euro, welche die Konzerne für die Zwischen- und Endlagerung als Fixum zahlen sollen, für die anfallenden Kosten ausreichen werden. Die darin enthaltene Endlagerkostenschätzung ist reine Spekulation.,“ erläuterte Dr. Wolfgang Irrek, Professor für Energiemanagement und Energiedienstleistungen an der Hochschule Ruhr West. Am Ende sitzen die Bürgerinnen und Bürger nicht nur auf dem Müll der AKW-Betreiber sondern auch auf den Kosten.
Mit der Lagerung der CASTOR-Behälter in den derzeitigen Zwischenlagern sind hohe Risiken
verbunden. Das zeigte Wolfgang Neumann von der Intac GmbH, Hannover in seinem Vortrag auf der Atommüllkonferenz. An 17 Standorten verteilt über die Bundesrepublik Deutschland lagern hoch radioaktive Materialien. Die Sicherheitsnachweise – oder besser Sicherheitsprognosen – für CASTOR-Behälter erstrecken sich auf 40 Jahre. Seinerzeit als völlig ausreichend angesehen, wird nunmehr bei dem Vorhaben, einen geeigneten Standort für die Dauerlagerung („Endlager“) auszumachen, absehbar, dass für die Zwischenlagerung sehr viel größere Zeiträume anstehen. Niemand kann aber heute uneingeschränkt davon ausgehen, dass die Behälter diesen neuen Anforderungen gerecht werden. In jedem Fall wären die Behälter insbesondere auch im Inneren auf Materialermüdung zu untersuchen und die getroffenen Prognosen zu überprüfen.
Die Atommüllkonferenz diskutierte außerdem die von der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe vorgeschlagenen Beteiligungsformate bei der Suche nach einem Standort für ein tiefengeologisches Atommülllager.
Künftig können sich die Initiativen von den Standorten an denen freigemessener Atommüll deponiert werden soll oder wird, in einer eigenen Arbeitsgruppe auf der Atommüllkonferenz vernetzen.
Zum Hintergrund: Die Atommüllkonferenz ist ein fachlich-politisches, parteiunabhängiges Forum für Betroffene und Akteure von den Standorten, an denen Atommüll liegt oder an denen die Lagerung vorgesehen ist. Ausdrücklich erwünscht ist die Teilnahme unabhängiger, kritischer WissenschaftlerInnen und von VertreterInnen von Verbänden und NGOs, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
www.atommuellkonferenz.de
Für Rückfragen:
Ursula Schönberger, Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD, Tel.: 05341-63123;
Torben Klages, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Tel.: 05841-4684